Behandlung von Harninkontinenz: Welche Medikamente helfen? + andere Möglichkeiten
Die Erkennung des Problems, die Diagnose und die anschließende Behandlung der Harninkontinenz sind für die betroffenen Patienten von großer und komplexer Bedeutung.
In einigen Fällen führt die Behandlung der Inkontinenz zu einer vollständigen Beseitigung des Problems des Urinverlusts, in anderen, meist chronischen Fällen wirkt die Behandlung als Linderung der Schwere des Urinverlusts.
Eine angemessene und gezielte Behandlung verringert oder beseitigt das Problem des Urinverlusts und hilft den Patienten auch psychisch und sozial, d. h. sie verbessert ihre Lebensqualität.
Es gibt mehrere Behandlungsmöglichkeiten für Inkontinenz, nämlich
- Regulatorische Behandlung (konservativ)
- Pharmakologische Behandlung - Behandlung mit Medikamenten
- Chirurgische Behandlung
Die Wahl der geeigneten Methode oder einer Kombination dieser Methoden hängt immer von der Art und dem Grad der diagnostizierten Inkontinenz sowie vom Alter und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten ab.
Die Behandlung der ersten Wahl ist in der Regel diejenige, die am wenigsten invasiv ist und die geringsten möglichen Nebenwirkungen hat.
Schematische Behandlung (konservativ)
Die Regelbehandlung zielt darauf ab, die derzeitige Herangehensweise des Patienten zu ändern und seine Funktionsweise zu verbessern. Sie umfasst eine Änderung des Lebensstils, Bewegung und die Stärkung des Beckenbodens.
Die Regelbehandlung ist am wichtigsten und führt zu den besten Ergebnissen bei Stressinkontinenz.
Die Änderung des Lebensstils umfasst Gewichtsreduzierung, Raucherentwöhnung, Optimierung der täglichen Flüssigkeitszufuhr, planmäßiges Entleeren oder Toilettentraining. Dies sind die wichtigsten Schritte zur Verringerung des Auftretens und der Verschlimmerung von Inkontinenzsymptomen.
Auch Blasentraining gehört zu den Behandlungsmethoden bei Inkontinenz. Dabei wird bei Patienten, die an häufiges Wasserlassen gewöhnt sind, der Urin absichtlich zurückgehalten. Dadurch wird die Kapazität der Blase erhöht und die Kontraktionsfähigkeit ihrer Muskeln verringert.
Sehr wirksam ist auch eine Reihe von Übungen zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur, die so genannten Kegel-Übungen, bei denen die Patienten lernen, die Beckenbodenmuskulatur vor und während einer Erhöhung des Drucks im Bauchraum, z. B. beim Husten, bewusst anzuspannen.
Ziel ist es, den Halt und die Funktion der Harnröhre zu verbessern, insbesondere bei Frauen, die die Beckenbodenmuskulatur von sich aus anspannen und damit die Harnröhre abklemmen können.
Um Ergebnisse zu erzielen, sind die Intensität und die Regelmäßigkeit der Übungen besonders wichtig.
Tabelle: Beispiele für zeitsparende und körperlich anspruchsvolle Übungen zur Stärkung des Beckenbodens
Übung 1: Kraft |
Auf dem Rücken liegend, mit angewinkelten Beinen und Fersen auf dem Boden, ziehen Sie die Beckenbodenmuskulatur mit möglichst viel Kraft an und entspannen sich dann. |
Übung 2: Ausdauer |
Ziehen Sie in der gleichen Position wie bei der ersten Übung die Beckenbodenmuskeln an. Versuchen Sie, 8-10 Sekunden in dieser Position zu bleiben. |
Übung 3: Schnelle Kontraktionen |
Wechseln Sie in der gleichen Position wie bei den vorherigen Übungen schnell zwischen dem Anspannen und Entspannen der Beckenbodenmuskeln ab. |
Für Frauen, die einen chirurgischen Eingriff vermeiden möchten, aber nicht in der Lage sind, Maßnahmen wie regelmäßiges Training und Änderungen des Lebensstils zu befolgen, gibt es die Möglichkeit, Vaginalkontinenzpessare zu verwenden.
Sie werden vor allem bei Frauen mit Belastungsinkontinenz eingesetzt.
Pharmakologische Behandlung
Bei der Behandlung der Harninkontinenz werden mehrere Gruppen von Arzneimitteln eingesetzt. Die Wahl des geeigneten Medikaments richtet sich nach der spezifischen Art der Inkontinenz, dem allgemeinen Gesundheitszustand der Patientin, dem Risiko von Nebenwirkungen und danach, ob die Patientin noch andere Arzneimittel einnimmt.
Der pharmakologischen Behandlung sollte immer eine Kur vorausgehen, und nur bei deren Scheitern wird der Einsatz von Medikamenten erwogen.
Bei einigen Medikamenten kann es mehrere Wochen dauern, bis die endgültige Wirkung der Behandlung eintritt. Die Patienten sollten davor gewarnt werden, die Behandlung eigenmächtig und ohne Rücksprache mit ihrem Arzt abzubrechen.
Die pharmakologische Behandlung dient in erster Linie dazu, die Symptome der Inkontinenz zu lindern.
Tabelle der Medikamente zur Behandlung von Belastungs- und Dranginkontinenz
Medikamentengruppe | Beispiele für Medikamente |
Anticholinergika (Antimuskarinika) Einsatz bei Drangharninkontinenz | Erste Generation (nicht-selektiv): Fesoterodin, Oxybutynin, Propiverin, Trospium, Tolterodin |
Zweite Generation (selektiv): Darifenacin, Imidafenacin, Solifenacin | |
β3-Adrenorezeptor-Agonisten Verwendung bei Drangharninkontinenz | Mirabegron |
Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer Einsatz bei Belastungsharninkontinenz | Duloxetin |
Östrogene | Ihre Anwendung ist begrenzt |
Die erste Gruppe von Arzneimitteln sind die Anticholinergika, auch Antimuskarinika genannt. Sie werden bei Dranginkontinenz eingesetzt und sind die Mittel der ersten Wahl.
Anticholinergika wirken direkt auf die Blasenmuskulatur (Detrusor) und erhöhen die Blasenkapazität, was zu einer Verringerung des Harndrangs, der Häufigkeit der Blasenentleerung und in geringem Maße auch der Häufigkeit des nächtlichen Wasserlassens führt.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Anticholinergika gehören Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen, verlangsamte Verdauung bis hin zu Verstopfung, Schläfrigkeit und Verwirrung.
Bei erheblichen Nebenwirkungen von Anticholinergika der ersten Generation ist auf Anticholinergika der zweiten Generation umzusteigen.
β3-Adrenorezeptor-Agonisten werden zur Behandlung der Dranginkontinenz eingesetzt. Sie wirken direkt auf die Blasenmuskulatur (Detrusor).
Sie werden in der Regel dann eingesetzt, wenn eine anticholinerge Behandlung für den Patienten nicht verträglich oder möglich ist.
Zu den Nebenwirkungen gehört vor allem ein Anstieg des Blutdrucks, weshalb sie bei Patienten mit hohem Blutdruck nicht eingesetzt werden sollten.
Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer werden bei der Behandlung der Stressinkontinenz eingesetzt. Ihre Wirkung besteht in der Stärkung des Harnröhrenschließmuskels, wodurch dessen Widerstand erhöht und die Symptome des Harnverlusts gelindert werden.
Hormonelle Medikamente aus der Gruppe der Östrogene werden in niedriger Dosierung bei Frauen mit schlaffer Vaginalschleimhaut eingesetzt.
Chirurgische Behandlung
Die dritte Behandlungslinie ist die chirurgische Behandlung.
Dazu gehört die Verabreichung von Onabotulinumtoxin A, bekannt als Botox, das in die Blasenwand injiziert wird, wo es auf die neuromuskuläre Verbindung wirkt und die Reizbarkeit der Blase hemmt.
Diese Methode wird bei Dranginkontinenz angewandt, wenn die pharmakologische Behandlung versagt hat. Die Wirksamkeit ist mit der pharmakologischen Behandlung vergleichbar, jedoch ohne die Notwendigkeit einer täglichen Verabreichung.
Die Injektionen werden unter Vollnarkose verabreicht, weshalb man von einer Drittlinienbehandlung spricht.
Die Wirkung hält etwa 9-12 Monate an und muss danach wiederholt werden. Zu den Risiken dieses Verfahrens gehören insbesondere ein vorübergehendes Problem mit Harnverhalt, das Auftreten von Harnwegsinfektionen oder die Bildung von Restharn.
Eine weitere chirurgische Behandlungsmöglichkeit ist die Nervenstimulation des Nervus tibialis, des Nervs, der von der Innenseite des Knöchels entlang des Unterschenkels zu den Sakralnerven verläuft.
Durch die Stimulierung dieses Nervs werden Erregungen auf die unteren Harnwege übertragen, was die Empfindlichkeit und Kontraktionsfähigkeit der Blase und damit den Harnreflex selbst verändert.
Die Nervenstimulation wird für Frauen mit Dranginkontinenz empfohlen, die auf eine anticholinerge Behandlung nicht ansprechen.
Bei Dranginkontinenz wird auch die Sakralnervenmodulation eingesetzt, ein Verfahren, bei dem ein im Beckenbereich implantierter Stimulator verwendet wird, um die in der Blase entstehenden übermäßigen Erregungen über Elektroden zu dämpfen.
Diese Methode ist zwar invasiv, aber sie ist wirksamer als eine pharmakologische Behandlung und führt zu einer langfristigen Linderung der Inkontinenzsymptome.
Die chirurgische Behandlungsmöglichkeit für Frauen mit Belastungsinkontinenz ist die suburethrale Bandimplantation, ein minimalinvasiver Eingriff, bei dem ein Prolenband unter die Harnröhre eingeführt wird.
Das Band wird in Form einer Schlaufe oder horizontal unter den mittleren Teil der Harnröhre gelegt, um die Harnröhre zu stützen und zu fixieren, damit sie nicht durchhängt und kein Urin austritt.
Der Eingriff ist vor allem in den ersten Jahren sehr wirksam. Langfristig (nach etwa 10 Jahren) verliert er seine Wirkung und die Symptome der Harninkontinenz kehren zurück. Dies liegt vor allem daran, dass die Frau die Pflege des Beckenbodens vernachlässigt und ihn überanstrengt.
Alle vaginalen Operationen beeinträchtigen die Sexualfunktion.
Ein wichtiger und integraler Bestandteil der Harninkontinenz ist die Verwendung von Inkontinenzhilfsmitteln. Inkontinenzhilfsmittel bekämpfen nicht die Ursache, sie haben lediglich eine Schutzfunktion.
Ihre Bedeutung liegt in der Verbesserung der Lebensqualität des Patienten. Der Patient fühlt sich geschützt und muss nicht befürchten, dass ein unerwarteter Urinverlust ihm Unannehmlichkeiten bereitet. Dies ermöglicht es dem Patienten auch, sich in das normale Leben zu integrieren und Aktivitäten wie jeder andere Mensch auszuführen.
Inkontinenzhilfsmittel haben sich vor allem bei chronisch inkontinenten Patienten bewährt, die auf Behandlungsmaßnahmen nicht ansprechen, für eine Operation nicht in Frage kommen oder einer Operation nicht zustimmen.
Bei der Auswahl des geeigneten Hilfsmittels werden das Geschlecht, das Alter, das Körpergewicht, der Grad der Mobilität und die Intensität des Urinverlusts berücksichtigt.
Den Patienten werden Hilfsmittel mit abgestuften Absorptionsraten angeboten, die von geringer Absorption bei Binden oder Einlagenwindeln bis zu hoher Absorption bei Klimmzügen, Windeln oder Binden für Patienten in Rückenlage reichen.